Kategorie: Pressemitteilungen

  • Pressemitteilung: „Und schon wieder Präsenzklausuren – AStA der Leibniz Uni kritisiert erneut die Durchführung der Präsenzklausuren“

    Das Semester neigt sich dem Ende entgegen und wieder mal gibt es kurz vor Ende des Semesters eine Rundmail von Volker Epping. In der Mail vom 21.01. heißt es, dass vor den Klausuren in der anstehenden Klausurenphase Tests durchgeführt werden müssen –  unabhängig von dem Impf- und Genesenenstatus der Studierenden. Außerdem wird angekündigt, dass auch die letzte, bereits laufende, Uniwoche weiterhin in Präsenz durchgeführt werden soll.

     

    Das Präsidium scheint die Entscheidung, weiter Präsenzklausuren durchzuführen, selbst nicht ganz geheuer zu sein: Eine Testplicht, unabhängig vom Impfstatus, ist bei den Prüfungen an der LUH vorgesehen. Schnelltests sind zwar bei der derzeitigen pandemischen Lage aus unserer Sicht bei Präsenzklausuren unumgänglich, dies wären sie in der Präsenzlehre allerdings auch. Ganz grundsätzlich denken wir aber, schon die Durchführung der Präsenzklausuren ist unter den derzeitig gegebenen Rahmenbedingungen die falsche Entscheidung. Durch die stetigen Änderungen der Quarantäneregelungen stehen Studierende, die aus verschiedenen Gründen in Quarantäne müssen, vor dem Problem, dass Prüfungstermine nicht wahrgenommen und die verpassten Prüfungen, unverschuldet, erst deutlich verspätet nachgeholt werden können. Wenn die Quarantäne nicht mehr durch ein, bei der aktuellen pandemischen Lage, absehbar überfordertes Gesundheitsamt nachgewiesen werden kann, könnten Probleme bei Studierenden entstehen, die die Quarantäne glaubhaft machen möchten – so zum Beispiel beim Vereinbaren von Ausweichterminen für verpasste Prüfungen.

    Wir appellieren eindringlich daran, die Prüfungen, soweit es irgendwie möglich ist, online stattfinden zu lassen. Genauso lehnen wir die Entscheidung des Präsidiums in der jetzigen Situation der immer weiter steigenden Inzidenzzahlen weiterhin auf Präsenzlehre zu setzen, ab.

     

    „Sowohl unsere Forderung nach Online-Klausuren, als auch die Notwendigkeit der Online-Lehre sind nur vor dem Hintergrund der verfehlten Finanzpolitik von Bund und Land für das Bildungswesen zu verstehen. Wie schon in der Vergangenheit, wird auch jetzt die Verantwortung vom Bund, über die Länder an die Unis und von dieser an die Studis übertragen. Längst hätten Möglichkeiten geschaffen werden können, um den Studierenden langfristig eine Perspektive zur Durchführung des Lehrprogramms bieten zu können, ohne kurzfristige und für viele unübersichtliche Änderungen zu treffen. Wir halten es für unbedingt notwendig Präsenzlehre zu ermöglichen, denn die Online-Lehre hat in der Form gezeigt, dass sich die soziale Ungleichheit verschärft. Studierende aus sozial schwächeren Haushalten, die sich nicht die beste Technik leisten können, die in beengten Wohnverhältnissen leben und die zusätzlich noch durch fehlende Jobaussichten während der Pandemie unter enormen Druck stehen, wurden durch die Online-Lehre immer weiter abgehängt. In vielen Fällen führte das in der Vergangenheit zu Studienabbrüchen.“, kommentiert Tobias Kiene, Pressereferent des AStA der LUH, „Wir fordern daher ein Konzept für ein Hybrid-Modell, dass Studierenden für jede Lehrveranstaltung sowohl asynchron online als auch in Präsenz Beteiligung ermöglicht. Dies ist keineswegs eine Lösung, soll aber schadenbegrenzend eingesetzt werden, bis langfristige Konzepte greifen. Um sich ganz von der Online Lehre verabschieden zu können, braucht es eine deutlich bessere Finanzierung. So wäre bspw. eine umfängliche Ausstattung der Lehrräume mit Luftfiltern oder die Anmietung weiterer Räumlichkeiten eine Option.“

     

    „Seit 2 Jahren müssen Studierende flexibel auf Änderungen der Corona-Verordnungen des Landes sowie Entscheidungen der Entscheidungsträger*innen der Hochschule reagieren und sich häufig kurzfristig umorganisieren. Aus einer Umfragedes FZS‘ geht eindeutig hervor, dass Studierende unter dem erhöhten Arbeitsaufwand und den Unsicherheiten leiden. Gleichzeitig sind nach wie vor die Jobverluste und die fehlende finanzielle Unterstützung, wie z.B. die seit September ausgesetzte Soforthilfe, ein großes Problem. Auch die Verlängerung der Regelstudienzeit um ein weiteres Semester ist in vielen Fällen keine Hilfe. Sie schließt im Wesentlichen diejenigen aus, die vor Corona schon Langzeitstudiengebühren zahlen mussten – ganz so, als wären diese Studierenden nicht von Corona betroffen, sondern gänzlich selbst schuld an ihrer Lage. Wir schließen uns also folgerichtig sowohl der Forderung nach einem Soforthilfe-Programm für psychosoziale Beratungsangebote, als auch der Forderung nach einer unbürokratischen Neuauflage der Soforthilfe mit einer Ausschüttung von mindestens dem BAföG-Höchstsatz von 861€ an.“, betont Jan Hoffmann, Referent für Hochschulpolitik Innen.

  • In ihrem Wahn vereint – Stellungnahme gegen die verschwörungsideologische Initiative „Studenten stehen auf“

    In ihrem Wahn vereint – Stellungnahme gegen die verschwörungsideologische Initiative „Studenten stehen auf“

     

    In der Nacht von Freitag auf Samstag waren einige Mitglieder der verschwörungsideologischen Gruppe „Studenten stehen auf“ in der Nordstadt unterwegs. Sie haben Flyer verteilt, Plakate verklebt und Graffitis gemalt. Auf den Plakaten wird nach „Terroristen“ gefahndet, die u.a. ein Genozid am „deutschen Volk“ begehen würden. Wie in den gängigen antisemitischen Narrativen der Querdenker Szene, sind auch George Soros und Bill Gates mitabgebildet.  An der Fassade des Theodor-Lessing-Hauses beim AStA steht in schwarzer Farbe und krakeliger Schrift „Keine Impfpflicht“, „Widerstand“ und der Aufruf auf die Straße zu gehen für die Freiheit.[1]

     

    Die Initiative gibt sich auf Ihrer Website offen und beschreibt sich selbst als „kritisch“, insbesondere gegenüber den „Maßnahmen zur Eindämmung und Bekämpfung des Virus“. Tatsächlich ist die Initiative vor allem für eine Sache offen: Geschichtsrevisionismus und Antisemitismus. Ein Beispiel für ihre kruden geschichtsrevisionistischen Thesen ist Jana aus Kassel, die sich in Hannover wie Sophie Scholl fühlte und durch ihre wütende Reaktion auf Widerspruch zum Gespött des Internets wurde. Sie sagte damals in Hannover sie komme von „Studenten stehen auf“.

     

    Die bisher größte Demo der „Studenten stehen auf“ fand am 9. Oktober in Dresden statt, nicht zufällig liefen einschlägige Neonazis ganz vorne mit. So zum Beispiel Almuth Schröder, die auf einer Zwischenkundgebung einen Redebeitrag hielt. Sie ist die Enkelin der NPD-Funktionärin Edda Schmidt und Teil von „Sturmvogel – Deutsche Jugendbewegung“, eine völkische Nachwuchsorganisation. Laut der antifaschistischen Rechercheplattform Dresden ist es naheliegend, dass sie zu dem Orgakreis der Initiative in Dresden gehört.[2] Marcel C., die Kontaktperson der hannoverschen Ortsgruppe und Redner auf der Querdenken Demo am 29. Oktober in Hannover, lief in Dresden am Fronttransparent mit – Schulter an Schulter mit Marcel Bernstedter, eine Person aus dem Umfeld der Identitären Bewegung.

     

    Marcel ließ so keinen Zweifel an der ideologischen Ausrichtung von „Studenten stehen auf Hannover/Hildesheim“, denn auch hier ist Antisemitismus ein vereinendes Element der Initiative. In der hannoverschen Telegram-Gruppe lassen sich unzählige Beispiele dafür finden. Immer wieder werden die Maßnahmen zum Schutz vor der Pandemie mit dem NS-Regime verglichen. Immer wieder ist die Rede von „von denen da oben“, die angeblich Pläne schmieden, um die Gesellschaft zu manipulieren. Es sind nun vorgeblich nicht mehr die Juden, sondern das Finanzkapital, die Eliten, die Lobbyisten, welche dunkle Hinterzimmerpolitik betreiben. Durch Codes und Chiffren wird versucht das Gesagte zu verschleiern, das Ressentiment bleibt dasselbe – Judenhass.

     

    Erst gestern beteiligten sich einige Mitglieder der Studenten stehen auf an einer Versammlung vor dem Rathaus, zu der die Initiative „Freie Niedersachsen“ aufgerufen hatte. Im Anschluss daran zogen sie mit einer Gruppe von 50 Leuten durch die Innenstadt.

     

    Über 700 Mitglieder fasst die Studenten stehen auf Telegram Gruppe der Ortsgruppe Hannover/Hildesheim. Der Zuspruch, den die Gruppe erfährt, ist kein Zufall. Die Leipziger Autoritarismus-Studie aus dem letzten Jahr sieht den wachsenden Zuspruch antisemitischer Vorstellungen in Zusammenhang mit der widerspruchsvollen Moderne.[3] Als Reaktion auf die moderne Gesellschaftsordnung, die als undurchdringlich und unveränderlich erscheint, entsteht das psychologische Bedürfnis ein Gefühl der Kontrolle zu erlangen. Das Gefühl der Kontrolle entsteht, indem gesellschaftliche Schieflagen personalisiert und verkürzt werden, sei es durch Bill Gates, George Soros, Angela Merkel oder Jens Spahn.

     

     

    Eine tatsächlich kritische Perspektive sollte die gesellschaftlichen Verhältnisse in den Blick nehmen und die durch die Pandemie noch deutlicher gewordene Krisenhaftigkeit der warenförmigen Gesellschaftsordnung analysieren. Die realen Ungleichheits- und Unterdrückungsverhältnisse lassen sich nicht auf einzelne Personen herunterbrechen und auflösen.

     

    Wir lassen uns von der rechten und antisemitischen Offensive der Studenten stehen auf nicht einschüchtern und positionieren uns klar gegen Antisemitismus und Verschwörungsideologien. Weiterhin sehen wir die dringende Notwendigkeit einer an der Universität Hannover angesiedelten Forschungsstelle zum Thema Verschwörungsideologien gegeben. Eine solche Forschungsstelle bietet die Möglichkeit, über die individuelle und kollektive Genese dieser Ideologie aufzuklären und Gegenstrategien zu entwickeln. Zur Überbrückung dieser Leerstelle braucht es aktuell Bildungsveranstaltungen, die gemeinsam von Universität und Studierenden getragen werden.

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    [1] https://twitter.com/mic_tra/status/1469461725061828626?s=20

    [2] https://naziwatchdd.noblogs.org/post/2021/11/17/voelkische-studentinnen-stehen-auf/#more-893

    [3] Kiess, Johannes, et al. „7. Antisemitismus als antimodernes Ressentiment: Struktur und Verbreitung eines Weltbildes.“ Autoritäre Dynamiken. Psychosozial-Verlag, 2020.

  • Stellungnahme: Neustart verschlafen – Studierende baden Passivität aus

    Neustart veschlafen: Studierende baden Passivität aus

    Das Wintersemester 2021/22 läuft seit heute, für viele eine große Freude, denn nach drei langen Onlinesemestern findet die Lehre wieder in Präsenz statt. Dieser Schritt wurde von vielen Studierenden und Studierendenvertretungen lange gefordert, dennoch gibt es auch viele kritische Stimmen bezüglich der Durchführung der Öffnung.

    Für viele Studierende kam die Entscheidung sehr plötzlich. Aufgrund von weggefallenen Verdienstmöglichkeiten sind einige Studierende zurück zu ihren Eltern gezogen, haben ihr WG-Zimmer aufgegeben oder können aus anderen Gründen nicht spontan wieder anfangen, Seminare in der Uni zu besuchen. „1 1/2 Jahre hatte die Landesregierung Zeit einen vernünftigen Weg hin zur Präsenzlehre einzuschlagen. Die Ausstattung der Lehrräume mit Luftfiltern wäre z.B. ein Baustein gewesen. Zwar war seitens der Uni schon Ende Juli in Aussicht gestellt worden, dass die LUH sich als Präsenzuni verstehe und auch ein Präsenzbetrieb angestrebt werde – Studierende konnten jedoch kaum daran glauben. Zu oft mussten Ankündigungen der Realität weichen. Das Präsenzsemester war seitens des Landes dann auch erst Ende September, als die neue Corona-VO endgültig die Rahmenbedingungen für Präsenz-Lehre auch in den Warnstufen 2 und 3 schaffte, gesichert – viel zu spät für die Studierenden, als dass diese z.B. Wohnraum in Hannover und Umgebung suchen konnten. Dieses Semester wird ein Brennglas für all die Probleme sein, denen Studierende sich auch vor der Pandemie ausgesetzt sahen. Das Land und die LUH dürfen mit dem Präsenzsemester nicht annehmen, die Normalität sei zurückgekehrt: Studierende brauchen Hilfe, Unterstützung und Zeit, um die durch die Pandemie entstandenen Schäden und Brüche zu bewältigen.“ kommentiert Jan Hoffmann, Referent für Hochschulpolitik Innen.

    Dazu kommt die Unsicherheit über die Durchführung der Corona-Maßnahmen. Die Verantwortung wird vom Bund, über die Länder an die Unis und von dieser an die Studis übertragen. Diese sollen sich impfen lassen und dies durch ein Bändchen, welches die Uni herausgibt, einfach überprüfbar machen. Zwar unterstützen wir grundsätzlich die Aufforderung an die Studierenden, sich impfen zu lassen. Wir sehen es allerdings als problematisch an, dass es für ungeimpfte Studis keine realistische Möglichkeit gibt, an den Lehrveranstaltungen teilzunehmen. Die wegfallenden kostenlosen Tests können nicht durch einfache Selbsttests ersetzt werden, sondern erfordern einen zeitlichen und finanziellen Mehraufwand, der realistisch dazu führen wird, dass einige Studierende nicht an Lehrveranstaltungen teilnehmen werden können. Wir kritisieren, die institutionalisierte Untätigkeit der Universität und den Versuch die Verantwortung für die verpassten Chancen auf ein gelungenes Präsenzsemester nun den Studierenden zuzuschieben, entschieden.

    Vulnerablen Gruppen wurde angeboten, sich an beratung@chancenvielfalt.uni-hannover.de zu wenden. Dort soll an Lösungen gearbeitet werden. Dies begrüßen wir. Hier dürften allerdings eher diejenigen im Vordergrund stehen, die aus medizinischen Gründen nicht in der Lage sind, an der Präsenzlehre teilzunehmen.

    „Wir halten es für sehr wichtig, mit allen Beteiligten – insbesondere den Studis selbst – im Gespräch zu bleiben und passende Lösungen für die Sicherstellung des Coronaschutzes zu finden. Dabei lassen wir uns nicht auf rechte Vereinnahmungen ein, die den Diskurs für ihre Ideologie instrumentalisieren. Shoah-Vergleiche, die z.B. bezüglich des Bändchens aufgekommen sind, enthalten keinerlei legitime Kritik, sondern entlarven lediglich die antisemitischen Vorstellungen der Personen“, erläutert Indra Breithaupt, Referentin für Hochschulpolitik Außen.

    Die Sorge, die Maßnahmen würden Kontrollmaßnahmen ausbauen und dadurch beispielsweise zu einer Anwesenheitspflicht durch die Hintertür führen, nehmen wir sehr ernst und beobachten daraufhin die Durchführung kritisch. Auch eine Kritik an dem Krisenmanagement des Staates im Allgemeinen und der Universität im Besonderen ist legitim und notwendig. Diese verständlichen Sorgen und die berechtigte Kritik sind klar zu trennen von geschichtsrevisionistischem und wissenschaftsfeindlichem Ressentiment.