Am 28.04. soll wieder eine Party von einer reaktionären Studentenverbindung stattfinden. Die „Normannenparty“ wird von der Corps Normannia veranstaltet. Dabei handelt es sich um einen pflichtschlagenden Männerbund, das bedeutet, dass die Mitglieder verpflichtet sind, an ritualisierten Fechtkämpfen mit scharfen Waffen teilzunehmen. Mit der Mensur, also dem Fechtkampf, bekräftigt der Fechter (»Paukant«) seine Unterordnung unter die Gebräuche der Verbindung, selbst um den Preis körperlicher Verletzungen. Mann hält wortwörtlich den Kopf für die eigene Gruppe hin. Erst durch die erste bestandene Mensur wird der Mann zum Vollmitglied. Das Fechten ist somit fester Bestandteil einer Erziehung zu sinnbildlicher Härte und ritualisierter Männlichkeit.
Besonders schockierend ist der DJ, mit dem die Veranstalter der Normannenparty werben: Diese Person war bis vor einem Jahr im AStA Vorsitz der MHH und damit dafür zuständig, die Interessen von uns Studis zu vertreten. Die Ideologie, die von den Normannen vertreten wird, steht den von uns Studis diametral entgegen – Auf der Website der Normannen heißt es, dass sie eine „demokratische Kultur und Toleranz“ fördern würden, wie das mit dem Ausschluss von etwa der Hälfte der Studis, der Frauen, zu vereinbaren ist bleibt unergründlich.
Und auch sonst ist die Rede von Demokratie und Toleranz selbstverständlich glatt gelogen; Klare Hierarchien kennzeichnen das Verbindungsleben nach innen, der Anspruch Elite zu sein nach außen. Wer neu in eine Verbindung kommt (»Fuchs« bzw. »Fux«), hat zunächst gar nichts zu sagen, steht in der Rangordnung ganz unten und muss vor allem gehorchen. Die ersten Jahre in einer Verbindung muss man sich führen lassen, um später selbst führen zu können. Darum geht es bei der korporativen Erziehung bzw. Dressur: es sollen möglichst autoritätsgebundene Charaktere produziert werden, die einerseits obrigkeitshörig sind, sich aber gleichzeitig anmaßen über andere bestimmen zu können und besondere Führungsqualitäten zu haben.
Die Normannen scheinen auch keinen Hehl um ihren Geschichtsrevisionismus zu machen: Auf Ihrer Website wird lediglich von einer „wechselvollen Geschichte“ gesprochen, in der sich die Prinzipien „Lebensbund, Toleranz und Mensur“ gehalten haben. Ohnehin ist das vermeintliche Toleranzprinzip auch in der Gegenwart leicht als Lüge zu enttarnen, mit Blick auf die NS-Zeit erscheint die Behauptung allerdings als noch zynischer. Nachdem die Normannen im Jahre 1930 den Rudolfstädter Senioren Convent verließen, schlossen sie sich 1932 dem Deutschen Landsmannschaften an, dem Vorgängerverband des Coburger Convents. Noch lange vor den »Nürnberger Rassegesetzen« von 1935 schloss der CC bereits 1894 Juden aufgrund ihrer vermeintlichen »Rasse« aus. Korporationen waren es auch, die am vehementesten dagegen vorgingen, dass Frauen der Zugang zu einem Hochschulstudium gewährt wurde.
Als die rechte »Revolution« mit der Machtübergabe an Hitler gelungen war, stand für die Burschen des CC fest: »Soldaten Adolf Hitlers wollen wir sein, sonst nichts«. Die entsprechenden Taten wie die gemeinsame Bücherverbrennung mit den Kameraden der SA 33 in Coburg folgten. Gleichzeitig bekannten sich auch die Burschen des Weinheimer-Senioren Convents, dem die Normannen 1952 beitraten und in dem sie nach wie vor Mitglied sind, zu Adolf Hitler und sprachen davon sich „im Gleichschritt der deutschen Nation“ einzureihen. Folgerichtig wurden nach dem Sieg über NS-Deutschland Studentenverbindungen von den Alliierten verboten. Trotz der unstrittigen Forschungslage leugnet die hannöversche Verbindung bis heute ihre historische Verantwortung.
Ein wesentlicher Bestandteil der Ideologie der Burschenschaften ist Antifeminismus. Weiblichkeit wird als „das Andere“ konstruiert, von dem sich die Burschenschaftler abgrenzen. In brutalen Ritualen werden Männlichkeitsbilder gefestigt und die eigene Männlichkeit bewiesen. Burschenschaften fungieren als Refugium tradierter Männlichkeit und bilden damit einen Gegenpol zu gesellschaftlichen Veränderungen wie den Errungenschaften feministischer Kämpfe. Insbesondere in Zeiten von starken Frauen- und Emanzipationsbewegungen sehen die Konservativen sich in ihrer gesellschaftlichen Stellung bedroht und verfechten umso verbissener das regressive Geschlechterbild.
Durch den immer wieder kehrenden Appell im Neoliberalismus an das Individuum und der Behauptung, das jeder es schaffen könne, verfestigen sich die Konkurrenz zu anderen, die Ansgt vor dem sozialen Abstieg und die Abwertung des Individuums. Anstatt einer kritischen Auseinandersetzung mit diesen Verhältnissen, bietet der Männerbund einen gleichgeschlechtlichen Rückzugsort, eine Flucht in veraltete Rollenbilder und somit eine Verdrängung der Unsicherheiten.
Wir halten es für wichtig, dass Verbindungsstudenten und Leute, die in einem solchen Umfeld unterwegs sind, keinen Einfluss auf die Hochschulpolitik nehmen. Wir wollen Antifeminismus, Misogynie und antidemokratische Tendenzen keinen Raum geben. Die Unterwanderung (hochschul-)politischer Strukturen muss dringend aufgedeckt und verhindert werden.