Pressemitteilung des AStA der Leibniz Universität Hannover
Seit dem 7. Oktober kann man eine massive und besorgniserregende Zunahme an rassistischen und antisemitischen Ausschreitungen in Deutschland beobachten. Jüdische Menschen trauen sich oft nicht mehr aus dem Haus, migrantische oder muslimisch gelesene
Menschen stehen unter Pauschalverdacht. Beide werden in den Medien und im echten Leben, am Arbeitsplatz, an der Schule oder an der Uni verbal oder physisch angegriffen und bedroht.
In einem Spiegelinterview sagte Bundeskanzler Olaf Scholz „Wir müssen endlich im großen Stil diejenigen abschieben, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben“. Auch vom Chef der CDU Friedrich Merz wurden „mehr sichere Herkunftsländer“ gefordert, um die Abschiebung Asylsuchender einfacher zu machen. Zum Teil werden diese Forderungen seitens der Politiker dadurch begründet, man wolle „Importierten Antisemitismus abschieben“. Diese Begründung ist heuchlerisch. Es geht nicht um Jüdinnen und Juden und ihre Sicherheit, es geht nicht um den Kampf gegen Antisemitismus, es geht darum, eine rassistische Politik voranzutreiben, unter anderem um nicht weitere Wählerschaft an die AfD zu verlieren. Sonst wären nicht zeitgleich Gelder für Jugend- und Bildungsarbeit stark gekürzt worden und sonst würden die genannten Herren etwas gegen die Antisemiten in ihrer eigenen Partei tun.
Wiederholt werden Minderheiten von der deutschen Politik gegeneinander ausgespielt, zur Bequemlichkeit der deutschen Mehrheitsgesellschaft.
Neben dem dauerhaft rassistischen Diskurs in der Politik kommt es täglich zu antisemitischen Vorfällen, aus allen Millieus der deutschen Gesellschaft. Dabei zeigt sich der Judenhass auch vermehrt an deutschen Universitäten wie kürzlich erst in der Relativierung, gar Verherrlichung von antisemitischer Gewalt an der UdK Berlin und der FU Berlin.
Dabei kommt die Forderung nach Abschiebung aus keiner jüdischen Gemeinde, aus keinem Dachverband und aus keinem jüdischen Verein. Besonders deutlich wird die heuchlerische Natur dieser Forderungen, wenn man sich den Umgang der Bundesrepublik mit den Jesiden anschaut.
Obwohl die Bundesregierung erst im Januar 2023 den Völkermord an Jesiden durch den IS anerkannt hat und die Abschiebung der Jesiden in den Irak noch im Frühjahr als unzumutbar bezeichnet hatte, werden Jesiden trotzdem immer wieder in lebensbedrohliche Situationen abgeschoben. Es wird deutlich, Abschiebung dient nicht dem Kampf gegen Antisemitismus, sondern ist menschenverachtende, gewaltvolle Praxis, die niemals gerechtfertigt ist.
Unter den Studierenden sind viele Betroffene von Antisemitismus und/oder Rassismus, einige davon sind auch unmittelbar vom Nahost Konflikt betroffen. Zusätzlich zum Unialltag,müssen sie jetzt gleichzeitig mit dem Kriegsgeschehen und der akuten Bedrohungslage in Deutschland umgehen. Als diverses Kollektiv, in dem die Mehrheit Betroffene von Rassismus und/oder Antisemitismus sind, sehen wir uns selbst damit konfrontiert, wie Rassismus und Antisemitismus in gesellschaftlichen und politischen Diskursen nicht nebeneinander, sondern gegeneinander verhandelt werden. Wir weigern uns da mitzumachen und rufen alle dazu auf es uns gleichzutun, besonders plädieren wir dabei an die hochschulpolitischen Gremien und Akteure der anderen Unis und Hochschulen in Deutschland, von denen viele durch ihr schweigendes Hinnehmen menschenverachtender Ideologien und Diskriminierung von Studierenden durch andere Studierende, in den letzten Monaten negativ aufgefallen sind.
So wie Judenhass nie eine Antwort auf Rassismus sein kann, kann Rassismus nie eine Antwort auf Judenhass sein.
Wir stehen als AStA gegen jede Art von Diskriminierung und für ein gerechtes und offenes Bildungsumfeld für alle.
Gegen jeden Antisemitismus und gegen jeden Rassimus!